Wie lautete das Platt von Mülheim an der Ruhr-Altstadt?
Wenkerbogen 22907 (ca. 1884/85)
Seite 1
Transliteration
von Marc Real
Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum. | Im Wei̇̈nter flegen de drüg Bleer doar de Lof heröm. | ||||||||||||||||
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. | Et höart gliek op to <te> schnei̇̈e, dann wett et Weer wir beter. | ||||||||||||||||
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. | Doon Kohlen in den Owe, dat de Milk <Melk> boll anfänk te kooke. | ||||||||||||||||
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen. | Den goude aule Kähl ös mit’m Päd dor’t Is geschoote on in’t kaul Water gefalle. | ||||||||||||||||
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben. | He ös vör vier ow säß Weke gestorwe. | ||||||||||||||||
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt. | Dat Führ woar soa heite, de Koke sinnd <send> joa oune gans schwatt gebrannt. | ||||||||||||||||
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer. | Heh ett de Eier ömmer oane Sault on Peper | ||||||||||||||||
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen. | De Bei̇̈ne dont mei̇̈ abscheulech wea, ek gläuw, ek hebb se doar gelaupe. | ||||||||||||||||
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen. | Ek sie[n] bei̇̈ de Frau gewees on hebb et öar gesag, on sei̇̈ sag, sei̇̈ wäul et auk ör Dean <Deen> segge. | ||||||||||||||||
Ich will es auch nicht mehr wieder thun! | Ek will’t ne mear weer doon. | ||||||||||||||||
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe! | Ek schloon dei̇̈ glik mit denn Kooklepel öm de Oare, d[a]u Ape! | ||||||||||||||||
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn? | Wo gei̇̈s dou hin <hen>, sölle wei̇̈ metgoon. | ||||||||||||||||
Es sind schlechte Zeiten. | Et sind schlechte Tien! | ||||||||||||||||
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt. | Min lew Kei̇̈nd, bliew hie oune stoon, de freche Gäus bieten dei̇̈ doat. | ||||||||||||||||
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. | Dou hes van Dag am mei̇̈ste geleart, dou bös brav gewees, dou kas ear hei̇̈mgon as de Aunern. | ||||||||||||||||
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden. | Dou bös noch ne groat genog öm ei̇̈n Fläsche Wien uttedrenke, dou moß noch ei̇̈n Ei̇̈nd waaße on gröder weede. | ||||||||||||||||
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen. | Goon, si so got on seg din Söster, sei̇̈ säul de Klei̇̈der vör enke Moder fedeg <fedig> neihe on met den Bossel rei̇̈n make. | ||||||||||||||||
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen. | Hätt’ße öm gekaunt! dann wör et aunes gekomme, on et deat beter met öm stoon. | ||||||||||||||||
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen? | Wenn heht mei̇̈ mine Korw met Flei̇̈sch gestohle? | ||||||||||||||||
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan. | Heh deat soa, as hädde sei̇̈ öm tom Dasche bestault; sei̇̈ hewen et awer selwer gedohn. | ||||||||||||||||
Wem hat er die neue Geschichte erzählt? | Wenn heht heh die nöüe Geschechte vertauhlt? | ||||||||||||||||
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht. | Man mot hat rope, sös verstei̇̈ht heh us ne. | ||||||||||||||||
Wir sind müde und haben Durst. | Wei̇̈ sind möht on hewen Doas. | ||||||||||||||||
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen. | As wei̇̈ gister Owend trück koame, do loagen de Aunere all im Bett on woare fas am schlope. | ||||||||||||||||
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen. | De Schnea ös van ner Nach bei̇̈ us legge geblewe, awer van Morge ös he geschmoulte. | ||||||||||||||||
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen. | Achter usem Huße stont drei̇̈ nette Äppelböümkes mét roat Äppelkes. | ||||||||||||||||
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch. | Könne get ne noch ei̇̈n Ougenblecksken ob us wachte, dann gont wei̇̈ met enk. | ||||||||||||||||
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben! | Get dörwe ne son Kei̇̈nerei̇̈en driewe | ||||||||||||||||
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher. | Us Berg sind ne gans hoach, de enke sind völl högger | ||||||||||||||||
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben? | Wovöll Pount Wos on wovöll Broat welle get hewwe. | ||||||||||||||||
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen. | Ek verstohn enk ne, get möten ei̇̈n betschen hädder rope {dt. rufen]. | ||||||||||||||||
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden? | Hewe get kei̇̈n Stöckske witte Sei̇̈pe för mei̇̈ ob minen Desch gefoune? | ||||||||||||||||
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen. | Sin Brur well sech twea nette Hüser in enkem Gaden baue | ||||||||||||||||
Das Wort kam ihm von Herzen! | Dat Wot koam öm vam Hatte. | ||||||||||||||||
Das war recht von ihnen! | Dat woar rech van ör! | ||||||||||||||||
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen? | Wat setten do för Vögelsches {oben fehlt} ob dat Mührke? | ||||||||||||||||
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen. | De Buhre hadde fif Oße on nege Köüh on twellf Schöpkes vör dat Dörb gebrach, de woule sei̇̈ verkaupe. | ||||||||||||||||
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen. | De Lüht sind van Dag al derbute ob’m Feil on meie. | ||||||||||||||||
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts. | Gon mer, denn brunen Hound dei̇̈t’sche nicks. | ||||||||||||||||
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren. | Ek sin met de Lüht do achter öwer de Wiesche int Kon gefahre. |
Seite 2
Transliteration
von Marc Real
Schulort: Mülheim a/d Ruhr |
Kreis etc.: Mülheim a/d. Ruhr. |
Regierungs-Bezirk: Düsseldorf |
Staat: Preussen |
Name des Lehrers Ernst Schürmann |
Geburtsort des Lehrers Mülheim a. d. Ruhr. |
im Reg.-Bezirk etc., Staat [Düsseldorf, Preußen] |
[…] |
1. Geschah die Uebersetzung […] durch den Lehrer[.] |
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie leises ch[][.] |
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen […] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.] |
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. wie scht-, schp-[.] |
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. ein einziger Laut […][.] |
6. Wird das r in roth, rund etc. […] hinten im Munde gebildet[.] |
7. Unterscheiden die Schüler von selbst oder erst, nachdem sie ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, folgende Laute: |
a. g und ch in zeigen und Zeichen, […] nein[.] |
b. s und ß in reisen und reißen, […] nein[.] |
c. dr und tr in drehen, drüber und treten, trauen, von selbst[.] |
d. gr und kr in Greis und Kreis, von selbst[.] |
8. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht? |
a) die Männer? b) die Frauen? [Frage und Optionen sind gestrichen.] |
9. Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart? und zwar: |
a) alleinstehend = Möllm |
b) in dem Satze: er wohnt in…. = Möllm |
Die Wenkerbögen wurden bereitgestellt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Philipps-Universität Marburg und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
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