Wie lautete das Platt von Essen-Kray?
Wenkerbogen 22923 (ca. 1884/85)
Seite 1
Transliteration
von Marc Real
Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum. | Im Winter fleiget dä dröger Bläer dör dä Loch herüm. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. | Et <(E in Et wie ä)> höhr <hört> <höhrt> <(ö gedämpft als Kehlhauch)> gliks op dä schnieen. {dann wird das Wetter wieder besser fehlt} | |||||||||||||||||||||||||||||||
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. | Dau Koelen in dem Ommen <(auch Owwen)>, datt dä Melk bolle an tä kokken fängt. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen. | Dä olle <(o gedämpft)> godde Mann es mett <mitt> demm Päre dör’t Iiß gebrokken un em datt kolle Water gefallen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben. | Hä es fö(r) veer of <(odder)> säß Wäkken gestorwen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt. | Datt Führ wa(r) <(r gedämpft)> tä hēte, dä Kauken sitt hö unnen gans schwatt gebrannt. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer. | Hä ett dä Eier ümmer ohne Solt unn Päpper. <(o in ohne spitz, o fast immer Gaumenlaut)> | |||||||||||||||||||||||||||||||
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen. | Dä Fäute daut mi düchtig weh, eck glöw, eck hävv sä dör gelopen <(o spitz)>. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen. | Eck ßi bi dä Frau gewäß unn häwwet öhr gesach, unn sä sach, sä wollet ok öhre Deäm seggen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ich will es auch nicht mehr wieder thun! | Eck well ät ok nich mä wie(r) dauhn. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe! | Eck schlo di glihks mett däm Kockleppel ümm <öm> dä Ohren, du Ape! <(O Gaumenlaut)> | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn? | Wo gehße henn, sö wi mett di gohn? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Es sind schlechte Zeiten. | Ätt sitt schlechte Tihten. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt. | Minn leiwe Kind, bliff hie <(e wie ä gedämpft)> unnen stohn, de gifftigen Göse bitt di dōt. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. | Du heß vandage am meästen gelärt unn büß artig gewäß <(oder gewässen)>, du drafs äher no Huß gohn aß dä annern. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden. | Du büß noch nich grot genauch, ümm ene Fläsche Wien <Wihn> uttedrinken, du moß erß noch en Ennt <(E wie Ä gedämpft)> wassen unn grötter wäeren. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen. | Go <(kurz)> si so gott, un sech dinn Süster, sä soll dä Kleer fö inke Mutter ferrig neihen unn mett däm Bössel reine maken. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen. | Häß du änn gekannt, dann wär ät anners gekommen unn ät döh bätter üm̄ äm̄ stohn. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen? | Wä hett mi minnen Korf met Flesch gesto(a)len. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan. | Hä dä so, as hädden sä äm̄ taum Döschen bestallt, sä häwwet et äwwer sewwers gedohn. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wem hat er die neue Geschichte erzählt? | Wä hatte dä nihe Geschichte vetallt? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht. | Man̄ mott hatt raupen, süß <(kurz)> vestehte uß nich. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wir sind müde und haben Durst. | Wi sinnt meu unn häwwet Doß. <(o hinten)> | |||||||||||||||||||||||||||||||
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen. | Aß wi gistern Owend trügge ko(e)men, do lachten de annern all im Berre un̄ waren faste am schlopen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen. | Dä Schnee eß düsse Nach bi uß liggen gebliewen, öwwer fe Morgen geschmolten. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen. | Achter ussem Huse stott 3 nette Appelbömkes mett rohen Appeln. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch. | Kö gitt nich noch än bettken op us wachten, dann go <(schnell)> wi mett ink. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben! | Gitt dröfft mich so(lket) Blagentüch {dt. Kinderzeug} driewen. <(dröwwet)> | |||||||||||||||||||||||||||||||
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher. | Usse Berge sitt nich ba tä hoch, dä inken sitt völl högger. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben? | Bu völl Pund Woß unn bu völl Brot we gitt häwwen? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen. | Eck verstoh ink nich, gitt mött en bettken hädder küren <(spräkken)>. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden? | Häf gitt kenn Stücksken witte Seepe vö mi op minem Disch gefunnen? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen. | Sin Broer well sick twe <zwe> nette nihe Hüser in inkem Garen bauen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Das Wort kam ihm von Herzen! | Dat Woe(r)t kam äm van Hätten. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Das war recht von ihnen! | Dat war räch van̄ ink. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen? | Watt sitt do fö Vöggelkes bobben op dämm Müerken? | |||||||||||||||||||||||||||||||
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen. | Dä Buern harren fiw Ossen unn neggen Keu un twölf Schȫpkes fö datt Dorp gebrach, dä wollen sä vekopen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen. | Dä Lüh sitt vandage all terbuten op demm Felle un̄ meit. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts. | Goh mä, dä brune Hund däut di nicks. | |||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren. | Eck si mett dä Lüh do achtern öwwer dä Wiesche in’t Koen gef[ö]hrt. |
Seite 2
Transliteration
von Marc Real
Schulort: Kray |
Kreis etc.: Essen, Land |
Regierungs-Bezirk: Düsseldorf |
Staat: Preussen |
Name des Lehrers Wilh. Wagener |
Geburtsort des Lehrers Überruhr |
im Reg.-Bezirk etc., Staat Düsseldorf [Preußen] |
[…] |
1. Geschah die Uebersetzung […] durch den Lehrer[.] |
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie hartes ch[.] |
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen [] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.] |
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. […] wie ßt-, ßp-[.] |
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. ein einziger Laut […][.] |
6. Wird das r in roth, rund etc. […] hinten im Munde gebildet[.] |
7. Unterscheiden die Schüler von selbst oder erst, nachdem sie ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, folgende Laute: |
a. g und ch in zeigen und Zeichen, von selbst […][.] |
b. s und ß in reisen und reißen, von selbst […][.] |
c. dr und tr in drehen, drüber und treten, trauen, von selbst […][.] |
d. gr und kr in Greis und Kreis, von selbst […][.] |
8. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht? |
a) die Männer? nein b) die Frauen? nein |
9. Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart? und zwar: |
a) alleinstehend = Kray |
b) in dem Satze: er wohnt in …. = Kray. |
Die Wenkerbögen wurden bereitgestellt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Philipps-Universität Marburg und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
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