Wie lautete das Platt von Mülheim an der Ruhr-Holthausen?
Wenkerbogen 22910 (vor 1. Februar 1885)
Seite 1
Transliteration
von Marc Real
Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum. | Im We-inter fl[e]gen de drüg Bleer dörr de Luch herüm. | |||||||||||||||||||
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. | Ät häöurt gliek op te schne-ien, da wäd ät Weer wir beeter. | |||||||||||||||||||
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. | Donn Kohlen op den Owen, dat de Milk boll an de koken fänk. | |||||||||||||||||||
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen. | Dä godden aule Mann ös mit dem Pääd dörr et Īs gebrooken un in et kaul Water gefallen. | |||||||||||||||||||
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben. | He ös vörr vier of säß Weeken gestorwen. | |||||||||||||||||||
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt. | Ät Füür wouar <waour> te heit[e]n, de Kooken sind joua ounen ganz schwatt gebraund. | |||||||||||||||||||
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer. | He itt de Eier ömmer ouane Sault un <(on)> Peeper. | |||||||||||||||||||
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen. | De Föhren dont me döchtig <(statt sehr)> we-ih, ick glöüf, ick häbb se döürgeloupen. | |||||||||||||||||||
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen. | Ick sinn be-i der Frau gewees un hebb et üöur gesach on söü sach, se woul et ouk üöur Dochter säggen. | |||||||||||||||||||
Ich will es auch nicht mehr wieder thun! | Ick w[i]ll et auk ne me-ir {wieder fehlt} doon. | |||||||||||||||||||
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe! | Ick schloon Je gliek mit dem Kookleepel öm de Ouaren, dou Apen. | |||||||||||||||||||
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn? | Wou ge-is dou hin, sölle we-i mit tsche gohn? | |||||||||||||||||||
Es sind schlechte Zeiten. | Ät sinnt schlechte Tie-en. | |||||||||||||||||||
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt. | Min lew Ke-ind, bliew hie ounen stohn, de schäbbige Gäus biete Je douat. | |||||||||||||||||||
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. | Dou hes van Daag am me-isten gele-irt on böß adeg gewees, dou darfs e-ihr he-im gohn, äs de aounern. | |||||||||||||||||||
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden. | Dou b[ä]ß noch ne groaut genog, öm en Fläsche Wiin uutedrinken, dou mots e-ihr noch an E-int wahsen on grötter wäden. | |||||||||||||||||||
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen. | Gohn, böß so god on sägg för di Söster, se soul de Kleier för inke Mooder fädig neien on mit dem Bossel re-in maaken. | |||||||||||||||||||
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen. | Hätts dou än gekaunt! da wäöur et aounes gekommen on et stöünt beeter öm öm. | |||||||||||||||||||
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen? | Wä heet me-i minne Korw mit Fle-isch gestohlen? | |||||||||||||||||||
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan. | He däiet soua, äs hädde se öm tom Daschen bestault; se hewwen et ewel selwes gedohn. | |||||||||||||||||||
Wem hat er die neue Geschichte erzählt? | Wenn het he de ne-i Geschechte vertault? | |||||||||||||||||||
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht. | Me mott hatt ropen, söß verste-it he us nech. | |||||||||||||||||||
Wir sind müde und haben Durst. | We-i sinnt mööd on hewwen Doß. | |||||||||||||||||||
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen. | Äs we-i gister Omet trück kouamen <kaoumen>, louagen de aounarn all im Bett on wouaren fast am schloopen. | |||||||||||||||||||
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen. | Dä Schnäi <?> ös van der Nach be-i us legge geblewen ewel va Morgen ös he geschmoulten. | |||||||||||||||||||
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen. | Achter usen Hußen stont dre-i nette Appelböümkes met rouat Äppelsches. | |||||||||||||||||||
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch. | Könne ged ne än Ougenblicksken op us wachten, da gont we met ink. | |||||||||||||||||||
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben! | Get dörwen ne sonn Ke-inere-ien driewen. | |||||||||||||||||||
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher. | Us Berg sinnt ne arg houach, de inken sinnt völl högger. | |||||||||||||||||||
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben? | Wovöll Pound Woß on wovöll Brouad wille git häwwen? | |||||||||||||||||||
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen. | Ik verstohn ink ne, get möten en bitschen <(betschen)> hadder kallen. | |||||||||||||||||||
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden? | Häwwe get ke-in Stöcksken witte Se-ipen för me-i op minnem Deschen gefounen? | |||||||||||||||||||
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen. | Sin Broor wöll sech tweäi ne-i Hüser in inkem <(ingkem)> Gaaden bauen. | |||||||||||||||||||
Das Wort kam ihm von Herzen! | Dat Woot kouam öm van Hatten. | |||||||||||||||||||
Das war recht von ihnen! | Dat wouar räch van ou <(o|u getrennt)>. | |||||||||||||||||||
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen? | Wat sitten do för Vögelsches bowen op dem Müürken. | |||||||||||||||||||
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen. | De Buuren hadden fief Ossen on nege <negen> Köü on twelf Schöppkes vör et Dörp gebrach, de woule <woulen> se verkoupen <(ou getrennt zu l[e]s[en])>. | |||||||||||||||||||
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen. | De Lüüd sinnt van Daag ahl der buuten om <op> Feil on meien. | |||||||||||||||||||
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts. | Go merr denn brounen Hound de-id tsche nicks. | |||||||||||||||||||
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren. | Eck <Ick> sinn met de Lüüt do achter öwer de Wieschen in et Koon gefahren. |
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Transliteration
von Marc Real
Schulort: Holthausen |
Kreis etc.: Mülheim a. d. Ruhr |
Regierungs-Bezirk: Düsseldorf |
Staat: Preussen |
Name des Lehrers Heinr. Schafstaedt |
Geburtsort des Lehrers Holthausen |
im Reg.-Bezirk etc., Staat wie oben. [Düsseldorf, Preußen] |
[…] |
1. Geschah die Uebersetzung […] durch den Lehrer[.] |
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie hartes ch[.] |
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen [] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.] |
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. wie scht-, schp- […][.] |
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. ein einziger Laut […][.] |
6. Wird das r in roth, rund etc. […] hinten im Munde gebildet[.] |
7. Unterscheiden die Schüler von selbst oder erst, nachdem sie ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, folgende Laute: |
a. g und ch in zeigen und Zeichen, […] nein[.] |
b. s und ß in reisen und reißen, […] nein[.] |
c. dr und tr in drehen, drüber und treten, trauen, […] nein[.] |
d. gr und kr in Greis und Kreis, von selbst […][.] |
8. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht? Nein! |
a) die Männer? b) die Frauen? [Frage und Optionen sind gestrichen.] |
9. Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart? und zwar: |
a) alleinstehend = Houlthusen |
b) in dem Satze: er wohnt in …. = Houlthusen (ou getrennt zu lesen) |
2 № 7. Gesehen Mülh a/d Ruhr. 1 Febr 1885 Der Lok[al]Schul Insp[ektor] Richter. |
Die Wenkerbögen wurden bereitgestellt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Philipps-Universität Marburg und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
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