Wie lautete das Platt von Essen-Leithe?
Wenkerbogen 22922 (23. Januar 1885)
Seite 1
Transliteration
von Marc Real
Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum. | Im Winter fleigen dä tröge Blär dörch dä Luft herüm. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. | Et höt gliks op tö schnien, dann wät dat Wär wier better. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. | Dau Kohlen in den Owen, dat dä Melch bold an to kocken fängt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen. | Der godde olle Mann eß met dem Pärre dörch’s Is gebrocken un in dat kolle Water gefallen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben. | Hä eß {vor fehlt} veär ödder seß Wöcken gestorben. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt. | Dat Füer war tö het, dä Kauken sind jo unnen ganz schwatt gebrannt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer. | Hä ett dä Eier ümmer ohne Solt und Pepper. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen. | Dä Fäute daut mi sehr <(ärg)> weh, eck glöw, eck häff se dörch gelopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen. | Eck si bi dä Frau gewessen un häff et öär gesacht, un sä sach, se [w]oll et ok öäre Dochter seggen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ich will es auch nicht mehr wieder thun! | Eck wöll et ock nicht mä wier daun! | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe! | Eck schlo di gliks met den Kockleppel üm dä Ohren, du Abe! | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn? | Wo gest du hen, so wi met di gohn? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Es sind schlechte Zeiten. | Et sind schlechten Titen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt. | Min leiwe Kind, bliw hie unnen stohn, da giftige Gösen bit di dot. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. | Du heß vom Dage <(heute)> am mesten gelärt, du draffs fröher no Hus gohn as de andern. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden. | Du büst noch nich grot genaug, üm eine Fläsche Wien utedrinke, du most ers noch en Enne wassen un grötter wäen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen. | Go, si so gott un seg din Süßter, et soll dä Kleer vö öäre Moder feddig neien un met dem Bössel reine maken. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen. | Hesse em gekannt! dann wä et anners gekomme, un et döch better üm en stohn. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen? | We het mi minen Korf met Fläsch gestohlen? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan. | Hä dog so, as hädden se em taum Deschen bestalt; sä hadden et öwer sewers gedon. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wem hat er die neue Geschichte erzählt? | We het hä dä nie Stückskes {dt. Stückchen pl} vatalt? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht. | Man mott hatt raupen, süß vasteht hä et {dt. es} nich. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wir sind müde und haben Durst. | Wi sind maid un häwe Doßt. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen. | Aß wi gistern Ownd trügge kamen, do laggen den annern schon int Bedde un waen faßt am schlopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen. | Dä Schnee eß vö Nacht bi uß liggen geblewen, äwer vö Morgen es hä geschmolten. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen. | Achter usse Hus stohn drei nette Appelbämkes met rorn Äppelkes. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch. | Kön itt nich noch enen Ogenblick ob uß wachten, dann go wi met ink. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben! | Itt dröwet nicht solte Kinnerien triewen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher. | Usse Berge sind nich sehr hoche, dä inken sind völl höger. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben? | Wievöll Pund Woßt un wievöll {Brot fehlt} wosse hem {dt. willst du haben}? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen. | Eck vasto di nich, du moß en betken hätter sprecken. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden? | Häfft Itt ken Stücksken witte Sepe vö mi op minen Disch gefunnen? | ||||||||||||||||||||||||||||||
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen. | Sin Broer well sick twe nette nie Hüsser in inkem Gaden bauen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Das Wort kam ihm von Herzen! | Dat Wort kom em vom Hetten. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Das war recht von ihnen! | Dat was recht von öer! | ||||||||||||||||||||||||||||||
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen? | Watt sitten do vör Vögelkes bowen ob dat Müerken. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen. | De Buern häwet fif Ossen, negen Kai und twölf Schäpkes vö dat Dorf gebracht, dä wollten se vakopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen. | Die Lüt sind vorn Dage alle buten op et Fel am maien. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts. | Goh me, de brune Hund deit di nicks. | ||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren. | Eck si met de Lüt do achtern öwer de Wiesche int Koen gefüt. |
Seite 2
Transliteration
von Marc Real
Schulort: Leythe. |
Kreis etc.: Essen. |
Regierungs-Bezirk: Düsseldorf. |
Staat: Preußen. |
Name des Lehrers K. Dhein. |
Geburtsort des Lehrers Laubach |
im Reg.-Bezirk etc., Staat Koblenz [Preußen] |
[…] |
1. Geschah die Uebersetzung durch Schüler […][.] |
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie leises k […][.] |
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen [] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.] |
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. wie scht-, schp- […][.] |
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. ein einziger Laut […][.] |
6. Wird das r in roth, rund etc. […] hinten im Munde gebildet[.] |
7. Unterscheiden die Schüler von selbst oder erst, nachdem sie ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, folgende Laute: |
a. g und ch in zeigen und Zeichen, […] nein[.] |
b. s und ß in reisen und reißen, […] nein[.] |
c. dr und tr in drehen, drüber und treten, trauen, […] nein[.] |
d. gr und kr in Greis und Kreis, […] nein[.] |
8. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht? |
a) die Männer? b) die Frauen? [Frage und Optionen sind gestrichen.] |
9. Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart? und zwar: |
a) alleinstehend = <Kray->Leythe. |
b) in dem Satze: er wohnt in …. = Hä wont in <Kray→(Leythe) |
Leythe, den 23. Januar 1885. Dhein, Lhr. |
Die Wenkerbögen wurden bereitgestellt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Philipps-Universität Marburg und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
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