Wie lautete das Platt von Gelsenkirchen-Heßler?
Wenkerbogen 22065 (1887)
Seite 1
Transliteration
von Marc Real
Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum. | Im Winter fleiget de drögen Blär in de Luft herüm. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser. | Et höt gliek ob de schniggen, dann wät dat Währ wie bätter. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt. | Dau Kohln in den Ohm, dat de Melk bald an de kocken fängt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen. | De gode olle Mann es met dem Perd döch’s Is gebrocken und in dat kolle Water gefallen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben. | He es vö ver oder seß Wäcken gestorwen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt. | Dat Für wa de heht, de <die> Kauken sind ja un’n ganz schwatt gebrannt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer. | He ert de Eier immer ohne Solt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen. | De Bene daut mie weh, eck glöwe, eck häwe sie dürch gelopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen. | Eck sieh bi de Frau gewäst und häwe et ihr gesagt <gesägt>, und se sagte, se well <welle> et öhre Dochter seggen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich will es auch nicht mehr wieder thun! | Eck well et {auch fehlt} nicht mäh wir daun! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe! | Eck schlo die gliek mett dem Kocklöppel üm de Ohn, du Ape! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn? | Wo gehs du henn, sö wie mett die gohn? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Es sind schlechte Zeiten. | Et sind schlechte Tieten. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt. | Mihn leiwet Kind, bliff hier un’n stohn, de bösen Göse biet die <dich> dot. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern. | Du hest van Dage <heute> am mesten geläht und büß atig gewest, du draf’s fröher no Hus gohn as <als> de Annern. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden. | Du büß noch nich grot genaug, um ne Fläsche Wien utdedrinken, du moß erst noch en Ende wassen un <und> grötter wähn. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen. | Goh, sie so gott un seg diener Süster <Schwester>, sä soll de Kleer fö de Mutter ferrig neihn un met de Bössel rein maken. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen. | Häß du en gekannt, dann wär et anners gekom’n, un es dög bätter üm em <ihn> stohn. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen? | We hät mie mienen Korf met Flesch gestualn? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan. | He doch so, as härm se em tem Derschen bestallt; se hät et öwer sewer gedon. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wem hat er die neue Geschichte erzählt? | Wem hät he de nigge Geschichte votalt? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht. | Man mot hat schreien, süs vesteht hä us nich. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wir sind müde und haben Durst. | Wie sind mei <meu> un hät Dorst. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen. | As wie gistern Omt trügge kamen, so laggen de Annern all in’t Berre un warn faste am schlopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen. | De Schnee es vo Nacht bi us liggen gebliewen, öwer vo Morgen es he geschmolten. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen. | Achter use Hus stot drei Appelbäumkes met rohe Äppelkes. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch. | Könn git nich noch en Ogenblicksken ob us wachten, dann goh wie met ing. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben! | Git dröwet nich sonne Kinnerei driewen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher. | Use Berge sind nich ganz hoge, de inken sind völl högger. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben? | Wovöll Pund Worst un <und> wovöll Brod wö git hem’m? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen. | Eck vostoh ink nich, git meit en betken häter sprerken. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden? | He git ken Stücksken {weiße fehlt} Sepe vö mie ob en Disch gefun’n? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen. | Sien Bror well sich twe schöne nigge Hüser in inken Gaden bauen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das Wort kam ihm von Herzen! | Dat Wot kam em van Herten! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das war recht von ihnen! | Dat war recht van ink! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen? | Wat sit do vö Vögelkes bom op de Mur {dt. auf der Mauer}? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen. | De Burn harren fief Ossen un nege Kei un twölf Schöpkes vö dat Dorf gebracht, de wolln se vokopen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen. | De Lüh sind vondage alle buten ob et Feld un maht. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts. | Go me, de brune Hund deit die nicks. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren. | Eck sin met de Lüh do achten öwer de Wiesche in’t Kohn gefohrt. |
Seite 2
Transliteration
von Marc Real
Schulort: Heßler |
Kreis etc.: Gelsenkirchen in Westfalen. |
Reg.-Bez. oder Landdrostei: Arnsberg |
Staat: Preußen |
Name des Lehrers Siepmann |
Geburtsort des Lehrers Bentorf |
im [Reg.-Bezirk] etc., Staat Amt Hohenhausen, Lippe-Detmold. |
[…] |
1. Geschah die Uebersetzung durch Schüler […][.] |
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie leises k […][.] |
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen [] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.] |
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. wie scht-, schp- […][.] |
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. […] getrennt wie fiß-chen, Flaß-che etc.[…][.] |
6. Wird das r in roth, rund etc. Mit der Zungenspitze […] gebildet[.] |
7. Unterscheiden die Schüler von selbst oder erst, nachdem sie ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, folgende Laute: |
a. g und ch in zeigen und Zeichen, […] nein[.] |
b. s und ß in reisen und reißen, von selbst […] nein[.] |
c. dr und tr in drehen, drüber und treten, trauen, von selbst […] nein[.] |
d. gr und kr in Greis und Kreis, von selbst […] nein[.] |
8. Sind in Ihrem Schulorte Nichtdeutsche (Dänen, Polen, Litthauer etc.) in grösserer Zahl ansässig? und welche? und wie stellt sich etwa das Zahlenverhältnis in diesem Falle? [o. A.] |
9. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht? Nein! a) die Männer? b) die Frauen? |
10. Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart? und zwar: |
a) alleinstehend = Heßler |
b) in dem Satze: er wohnt in …. = Hä wohnt int Heßler. |
Die Wenkerbögen wurden bereitgestellt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Philipps-Universität Marburg und lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
1 Kommentar
1 Pingback