Wie lautete das Platt von Gelsenkirchen-Horst?
Wenkerbogen 23060 (1880)

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Wenkerbogen 23060 (Horst) - Seite 1
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Transliteration

von Marc Real

Im Winter fliegen die trocknen Blätter durch die Luft herum.In’n Winter fleigt dä dröge Bläer dürch dä Loch härüm.
Es hört gleich auf zu schneien, dann wird das Wetter wieder besser.Ät höllt gliek op te schni͜en, dann wöt’t Wäer wie bätter.
Thu Kohlen in den Ofen, daß die Milch bald an zu kochen fängt.Dau Koahl’n in’n Obbn, dat dä Mälk {bald fehlt} an te kokken fänkt.
Der gute alte Mann ist mit dem Pferde durch´s Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen.Dä gurre olle Mann es met’t Pärd dürt Is gebrokken un in’t kolle Water gefall’n <gefallen>.
Er ist vor vier oder sechs Wochen gestorben.Häh es vö veer orre ses Wäkken gestorwen.
Das Feuer war zu heiß, die Kuchen sind ja unten ganz schwarz gebrannt.Dät Füer was te heete, dä Kauken sind ja unner gans swatt gebrannt.
Er ißt die Eier immer ohne Salz und Pfeffer.Häh ett de Eier ümmer oahne Solt un Päpper.
Die Füße thun mir sehr weh, ich glaube, ich habe sie durchgelaufen.Dä Beene dauht mie so weh, eck glöw, eck häf sä dürch geloopen.
Ich bin bei der Frau gewesen und habe es ihr gesagt, und sie sagte, sie wollte es auch ihrer Tochter sagen.Eck sin bi dä Frau gewäst un häww’t öhr gesaggt, un sä sagg, sä woll’t ook öhre Dochter seggen.
Ich will es auch nicht mehr wieder thun!Eck willt ook nich mäh wier daun.
Ich schlage Dich gleich mit dem Kochlöffel um die Ohren, Du Affe!Eck slo die gliek met’n Kockleppel üm dä Oahr’n, du Ape!
Wo gehst Du hin? Sollen wir mit Dir gehn?Wo geese hen, sö wie mett die go͡ahn?
Es sind schlechte Zeiten.Ett sind schlechte Ti|en.
Mein liebes Kind, bleib hier unten stehn, die bösen Gänse beißen Dich todt.Mien leiwe Kind, blief hier unner sto͡ahn, dä giftigen Gööse biet’t die dot.
Du hast heute am meisten gelernt und bist artig gewesen, Du darfst früher nach Hause gehn als die Andern.Du hes van Dage am meesten geläärt un büs arig gewest, du drafs fr[ö]her no͡a Hus goahn as dä Annern.
Du bist noch nicht groß genug, um eine Flasche Wein auszutrinken, Du mußt erst noch ein Ende wachsen und größer werden.Du büs noch nich groot genaug, um ’ne Fläßche Wien uttedrinken, du mos ers noch ’n Enne wassen {und größer werden fehlt}.
Geh, sei so gut und sag Deiner Schwester, sie sollte die Kleider für eure Mutter fertig nähen und mit der Bürste rein machen.Goh, sie so gott un segg dien Süßter, sä soll de Kle-er fö inke Moder ferrig naihn un met’n Bössel rein maken.
Hättest Du ihn gekannt! dann wäre es anders gekommen, und es thäte besser um ihn stehen.Häs‘ du ͜ en gekannt! dann wöärt anners gekomm’n, un et dög bätter üm öm sto͡ahn.
Wer hat mir meinen Korb mit Fleisch gestohlen?Wäh hett mie mien’n Korf met Fleesch gesto͡ohl’n?
Er that so, als hätten sie ihn zum dreschen bestellt; sie haben es aber selbst gethan.Häh dog so, as höärn sä öm taum Däßchen bestallt, sä hät ‚t öwwers selwer gedoahrn.
Wem hat er die neue Geschichte erzählt?Wökken hät hä dä ni|e Geschichte vätällt?
Man muß laut schreien, sonst versteht er uns nicht.Man mott hatt schrein, süs västeht hä us nich.
Wir sind müde und haben Durst.Wie sind maih un häfft Doß.
Als wir gestern Abend zurück kamen, da lagen die Andern schon zu Bett und waren fest am schlafen.As wie gistern Oahmd trügge käm’n, do läggen dä Annern all op Bärre un wär’n fasse ant sloapen.
Der Schnee ist diese Nacht bei uns liegen geblieben, aber heute Morgen ist er geschmolzen.Dä Snee as düsse Nach bi us liggen gebliewen, öäwers va Morgen es hä geschmolt’n.
Hinter unserm Hause stehen drei schöne Apfelbäumchen mit rothen Aepfelchen.Achter usse Hus stoaht drei schöne Appelböömkes met rohn Appeln.
Könnt ihr nicht noch ein Augenblickchen auf uns warten, dann gehn wir mit euch.Kö gitt noch’n Ogenblicksken wachen, dann goa wie met ink.
Ihr dürft nicht solche Kindereien treiben!Gitt dröfft nich sölke Kinnerien driewen.
Unsere Berge sind nicht sehr hoch, die euren sind viel höher.Usse Berge sind nich ganz hoge, dä inken sind völl högger.
Wieviel Pfund Wurst und wieviel Brod wollt ihr haben?Wöffel Pund Woasse un wöffel Brod will gitt häm’m.
Ich verstehe euch nicht, ihr müßt ein bißchen lauter sprechen.Eck versto͡ah ink nich, gött mött ’n bettken hädder küern.
Habt ihr kein Stückchen weiße Seife für mich auf meinem Tische gefunden?Häf gitt kin Stücksken witte Sepe fö mie op mien’n <mienen> Disch gefun’n?
Sein Bruder will sich zwei schöne neue Häuser in eurem Garten bauen.Sien Brohr will sick twe schöne niee Hüsser in inken Gaahn baun.
Das Wort kam ihm von Herzen!Dät Wort kam öm van’t Hätte.
Das war recht von ihnen!Dät was rech von öähr.
Was sitzen da für Vögelchen oben auf dem Mäuerchen?Wat sit’t doa van Vöggelkes bowwen op dät Mü͡erken.
Die Bauern hatten fünf Ochsen und neun Kühe und zwölf Schäfchen vor das Dorf gebracht, die wollten sie verkaufen.Dä Buern hadden fief Ossens und neggen Kaih un twälf Schöäpkes fö’d Dorp gebrach, dä woll’n sä verkoopen.
Die Leute sind heute alle draußen auf dem Felde und mähen.Dä Lüh sind van Dage alle buten op’t Feld und maiht.
Geh nur, der braune Hund thut Dir nichts.Goh mä, dä brune Hund deït die nicks.
Ich bin mit den Leuten da hinten über die Wiese ins Korn gefahren.Eck sin mett dä Lüh doa ach’n öäwwer dä Waih in’t Koorn gefohrt.
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Transliteration

von Marc Real

Schulort: Horst i. Westfal[en]
Kreis etc.: Recklinghausen
Reg.-Bez. oder Landdrostei: Münster
Staat: Preussen
Name des Lehrers Bern. Bröker
Geburtsort des Lehrers Ochtrup
im Reg.-Bezirk etc., Staat Münster [Preußen]
[…]
1. Geschah die Uebersetzung durch Schüler […][.]
2. Lautet in dem in Ihrer Schulgemeinde ortsüblichen Dialekte das g im Anfange der Wörter (z. B. in den mundartlichen Wörtern für gut, geben, groß, graben, glauben, glücklich) […] wie leises ch [.]
3. […] g in Kugel, Augen, fragen und [] g in Kegel, kriegen, biegen, zeigen [] sind […] sämmtlich in der Aussprache fast gleich[.]
4. Lautet st, sp in den mundartlichen Wörtern für Stall, stellen, sprechen, Spiel etc. […] wie ßt-, ßp- [.]
5. Ist sch in den mundartlichen Wörtern für fischen, waschen, Flasche etc. […] getrennt wie fiß-chen, Flaß-che etc.[…][.]
6. Sind in Ihrem Schulorte Nichtdeutsche (Dänen, Polen, Litthauer etc.) in grösserer Zahl ansässig? und welche? und wie stellt sich etwa das Zahlenverhältnis in diesem Falle?
Horst zählt nach der neuesten Zählung etwa 2400 Einwohner; davon vielleicht 1 % Litthauer (aus den Kreisen Gerdauen u. Angerburg) [und] ½ % Polen.
7. Haben die Einwohner Ihres Schulortes noch eine ausgeprägte Volkstracht?
a) die Männer? b) Nein. die Frauen? Nein.
NB. Charakteristisch für den hiesigen Dialekt ist, daß das „t“ am Ende eines Wortes, fall es nach einem Consonanten steht, gar nicht ausgesprochen wird: recht = rech; schlecht = schlech; Schacht = Schach; Schicht = Schich; Wurst = Woasse; Durst = Doßete, was in den hiesigen Schulen bitter empfunden wird.
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CC BY SA 4.0

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